Das Leben des Henri Toulouse-Lautrec
1864 - 1901

Potraet von Henri Toulouse - Lautrec

1864
Am 24. November wird Henri-Marie-Raymond de Toulouse-Lautrec-Monfa als ältester Sohn des Grafen Alphonse-Charles-Jean-Marie de Toulouse-Lautrec-Monfa und dessen Frau, Gräfin Adèle-Zoë-Marie-Marquette Tapié de Céleyran im «Hôtel du Bosc» in der südfranzösischen Stadt Albi geboren.
Die Eltern sind Cousin und Cousine. Durch das inzestuöse Heiratsgebaren seiner Vorfahren sind ihm zahlreiche körperliche Gebrechen mitgegeben worden, die ihn für den Rest seines Lebens begleiten werden. Er lispelte, war kurzsichtig, hatte eine unangenehme hohe Stimme und insgesamt eine schwächliche Konstitution. Durch eine seltene Art der Zwergwüchsigkeit, der Pyknodystosis, erreicht er auch als Erwachsener nur die Körpergröße von 1,52 m.
1868
Der am 28. August 1867 geborene Bruder Richard-Constantine stirbt. Er wurde nur ein Jahr alt.
Henri verbringt seine Kindheit überwiegend auf dem südfranzösischen Familienanwesen in und bei Albi sowie in Céleyran.
Die Eltern trennen sich.
1872
Gräfin Adèle zieht mit Henri nach Paris. Sie nehmen eine Wohnung im «Hôtel Parey», Cité du Rétiro 5.
Henri besucht als Schüler das angesehene Lycée Fontanes (später: Condorcet), zusammen mit seinem Vetter Louis Pascal sowie Maurice Joyant, der später sein wichtigster Freund, Kunsthändler, Nachlaßverwalter und Biograph wird. Es entstehen erste Skizzen und Karikaturen in Schulheften.
Henri hat erste Kontakte zu Malern, vornehmlich aus dem Freundeskreis seines Vaters. Vor allem zu dem taubstummen Tiermaler René Princeteau pflegt er ein freundschaftliches Verhältnis und erhält künstlerischen Rat.
1875
Henri kehrt auf das Familienanwesen zurück. Wegen seiner schwachen Gesundheit erhält er Privatunterricht.
1878
Bei einem Sturz vom Stuhl in Albi bricht sich Henri den linken Oberschenkel. Es folgt eine langwierige Rekonvaleszenz in den Heilbädern Amélie-les-Bains und Nizza. In Barèges entsteht eine Freundschaft mit Etienne Devismes, für den Henri drei Jahre später eine Erzählung illustrieren wird.
1879
Bruch des rechten Oberschenkels in Barèges. Von nun an wachsen beide Beine nicht mehr. Er wird sich selbst zeitlebens als "häßlichen zwergenhaften Krüppel" empfinden.
1880
Weil er sich schonen muß, verbringt er seine Zeit überwiegend mit Zeichnen und Malen. Er fährt zu einem längeren Kuraufenthalt nach Nizza.
1881
Im Juli fällt Henri in Paris durch das Abitur, dessen Wiederholung er dann im November in Toulouse besteht. Danach bei Princeteau in Paris. Sein Entschluß Maler zu werden, wird von den Künstlerfreunden des Vaters unterstützt, hat aber ein schwerwiegendes Zerwürfnis mit der Mutter zur Folge.
1882
Er bekommt eine Arbeitsmöglichkeit im Pariser Atelier des Salonmalers Léon Bonnat; nach dessen Schließung im September wechselt er zum Historienmaler Fernand Cormon. Seine Studienkameraden sind: Henri Rachou, René Grenier, Eugène Boch, Charles Laval, François Gauzi, Louis Anquetin, Émile Bernard.
Das Werk «Der junge Routy in Céleyran» entsteht.
1883
Gräfin Adèle erwirbt Schloss Malromé bei Bordeaux, wo Henri von nun an neben seinen jährlichen Bade- und Segelferien am Meer meist den Spätsommer verbringt. Dabei entstehen akademische Studien.
1884
Henri zieht in den Pariser Stadtteil Montmartre, zunächst als Untermietér bei Lili und René Grenier in der Rue Fontaine 19. Im Vorderhaus befindet sich das Atelier des Malers Edgar Degas. Er befreit sich zunehmend vom Akademismus. Der junge Emile Bernard tritt in Cormons Atelier ein.
In Pau hat Henri Toulouse-Lautrec eine erste Beteiligung an einer Gruppenausstellung. Es entstehen: «Die dicke Marie», «Carmen»-Porträts.
1885
Lautrec beginnt in den Amüsierlokalen des Viertels («Chat Noir», «Elysée Montmartre», «Moulin de la Galette») zu verkehren, bevorzugt in Aristide Bruants Cabaret «Le Mirliton», wo auch Bilder von ihm ausgestellt werden. Er nimmt Aufenthalt bei Anquetin in Etrepagny und bei den Greniers in Villiers-sur-Morin. Lautrec mietet eine Wohnung bei Henri Rachou in der Rue Ganneron 22.
Er malt das Bild «Porträt Emile Bernard» (London, Tate Gallery).
1886
Bei Cormon begegnet er Vincent van Gogh, es entwickelt sich eine Freundschaft. Den Sommer verbringt er in Villiers-sur-Morin, Malromé, Arcachon und Respide. Im Herbst verlässt Lautrec Cormon und mietet sich ein Atelier in der Rue Tourlaque 27, Ecke Rue Caulaincourt. Hier begegnet er Suzanne Valadon, die für ihn Modell und Geliebte wird. Erste Zeichnungen von ihm werden in Zeitschriften veröffentlicht.
1887
Er nimmt eine gemeinsame Wohnung mit dem Arzt Henri Bourges in der Rue Fontaine 19. Lautrec erhält eine Einladung zur Gruppenausstellung in Toulouse. Er beteiligt sich unter dem Anagramm-Pseudonym «Treclau». Mit van Gogh, Anquetin und Bernard zusammen gehört er zu den Begründern des Cloisonnismus: der Auseinandersetzung mit japanischen Farbholzschnitten. Daraus folgen Ausstellungen in Cafés und Restaurants. Das «Bildnis Vincent von Gogh» entsteht.
1888
Im Februar beteiligt er sich bei den «Vingts» in Brüssel. Theo von Gogh kauft Lautrecs «Reispuder» und nimmt einige andere Bilder für den Kunsthändler Goupil in Kommission. Den Herbst verbringt Lautrec in Villiers-sur-Morin. Er trennt sich von Suzanne Valadon.
Es entsteht: «Kunstreiterin im Zirkus Fernando».
1889
Er nimmt nun fast jährlich am «Salon des Indépendants» und beim «Cercle artistique et littéraire Volnay» teil. Im Garten des «Père» Forest am Montmartre entsteht eine Reihe von Porträts. Das Tanzlokal «Moulin Rouge»wird eröffnet, Lautrec wird von nun an hier fast täglich verkehren.
Er malt «Im Moulin de la Galette».
1890
Mit Paul Signac und Maurice Guibert reist er nach Brüssel zur Eröffnung der «Vingts»-Ausstellung. Sein Schulfreund Joyant wird Nachfolger Theo van Goghs als Filialleiter bei Goupil. Den Sommerurlaub verbringt Lautrec im Seebad Taussat, von dort unternimmt er Abstecher nach Spanien. In diesem Jahr entstehen u.a. die Bilder «Marie Dihau» und «Ball im Moulin Rouge».
1891
Er zieht mit Bourges ins Nachbarhaus (Rue Fontaine 21). Lautrecs Vetter Gabriel Tapié de Céleyran kommt zum Medizinstudium nach Paris. Mit den «Impressionisten» und «Symbolisten» beteiligt sich Lautrec an Ausstellungen bei Le Barc de Boutteville. Er malt «A la Mie» und beginnt mit der Druckgraphik des «Moulin-Rouge»-Plakates.
1892
Er unternimmt Reisen nach Brüssel und London, den Spätsommer hält er sich in Taussat auf. Er gestaltet Plakate für Bruant und Jane Avril und schafft die Serie von Lithographien: «Im Moulin Rouge».
1893
Bei Goupil hat Lautrec eine erste grössere Einzelausstellung. Er beteiligt sich wieder bei den «Vingts» in Brüssel. Aufenthalt bei Bruant in Saint-Jean-les-Deux-Jumeaux. Er wohnt jetzt im Haus seines Ateliers, seine Mutter Gräfin Adèle zieht in die nahe gelegene Rue de Douai. Das Plakat für den «Jardin de Paris» entsteht. Bei ihm entwickelt sich ein starkes Interesse für das Theater, er malt und vergnügt sich in Bordells. Lautrec beteiligt sich an der Ausstellung bei den «Peintre-Graveurs».
1894
Er bezieht eine neue Wohnung in der Rue Caulaincourt 27 und unternimmt Reisen nach Brüssel, Haarlem und Amsterdam (mit Anquetin). Beim «Salon de la Libre Esthétique» in Brüssel sowie an einer Ausstellung in Toulouse beteiligt er sich mit jeweils mehreren Arbeiten. Im Sommer reist er nach Spanien, danach hält er sich wieder in Malromé auf. Zweimal besucht er Freunde in London. Das erste Lithographiealbum für Yvette Guilbert entsteht. Ein Freundeskreis bildet sich um die Kulturzeitschrift «La Revue Blanche» zu dem neben Lautrec auch die «Nabis» (u.a. Pierre Bonnard, Edouard Vuillard, Félix Vallotton) gehören. Mitunter wohnt er jetzt wochenlang in Bordells, malt hier: «DerSalon in der Rue des Moulins».
1895
Lautrec wechselt erneut die Wohnung (Rue Fontaine 30). Er reist nach Brüssel zur Ausstellung der «Libre Esthétique». In London findet eine Begegnung mit Oscar Wilde und James Whistler statt. Auch beteiligt er sich hier an einer Plakatausstellung. Es folgen Ausflüge nach Nordfrankreich; von dort eine Schiffsreise über Bordeaux nach Lissabon («Die Reisende von Kabine 54»). Die Rückfahrt geht über Spanien an die bordeleser Küste. Dekorationen für die Jahrmarktsbude der Goulue, Plakate für May Belfort und May Milton entstehen.
1896
Der Kunsthändler Joyant richtet eine zweite Ausstellung mit Gemälden und Zeichnungen von ihm aus, ihr folgt im April eine Präsentation seiner Lithographien. Die zehn Blatt umfassende Folge «Elles erscheint im Frühjahr». Lautrec nimmt an der Exposition Internationale de l’Affiche in Reims teil und reist nach Brüssel und London, im August nach San Sebastian, Burgos, Madrid und Toledo. Zusammen mit Freunden besichtigt er im November die Loire-Schlösser.
1897
Er beteiligt sich an der Ausstellung «Libre Esthétique» und bezieht ein neues Atelier in der Rue Frochot 5. Den Frühsommer verbringt er mit Maxime Dethomas in Holland, danach den Sommer in Villeneuve-sur-Yonne. Seine alkoholischen Exzesse enden immer häufiger in Anfällen von Bewußtseinstrübung. Das Bild «Akt vor dem Spiegel» entsteht.
1898
Lautrec hat eine Ausstellung bei Goupil in London. Wegen der zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung, arbeitet er immer weniger. Sein zweites Album für Yvette Guilbert erscheint in London. Es enthält neun Kaltnadel-Radierungen.
1899
Er illustriert Jules Renards Buch «Histoires Naturelles». Nach einem Zusammenbruch wird er für drei Monate in die Nervenheilanstalt zu Neuilly eingewiesen. Die Presse entfacht eine polemische Kampagne gegen Lautrec. In der Anstalt zeichnet er aus dem Gedächtnis eine Zirkusserie. Nach der Entlassung begibt er sich zur Erholung an die bordeleser Küste und nach Le Havre. Trotz der Aufsicht durch Paul Viaud beginnt er wieder zu trinken. Depressionen, Angst- und Wahnvorstellungen bestimmen nun zunehmend das Leben des Künstlers. Er ist außerdem von den Folgen der Syphilis gezeichnet. Im malerischen Spätstil entstehen: «Miss Dolly aus dem Star in Le Havre», «Im Rat Mort».
1900
Aus finanziellen Gründen kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Familie. Lautrec hat Ausstellungen in Paris und Bordeaux, danach nimmt er einen ausgiebigen Sommeraufenthalt am Meer. Den Winter verbringt er in Bordeaux, malt hier: «Die Modistin», «Maurice Joyant». Ein Schlaganfall führt zu einer Lähmung beider Beine.
1901
Durch Theaterbesuche in Bordeaux entstehen sechs Bilder zu «Messalina». Er hat zunehmend Lähmungserscheinungen in den Beinen. Ab Mitte April verbringt er drei letzte Monate in Paris, wobei er seinen Nachlaß ordnet. Danach fährt er wieder an das Meer. Nach einem Schlaganfall in Taussat bleibt er halbseitig gelähmt. Am 20. August reist Lautrec zu seiner Mutter nach Malromé, wo er am 9. September verstirbt. Er wird in Saint-André-du-Bois beigesetzt, später nach Verdelais umgebettet. Seine letzten Bilder sind: «Medizinexamen», «Admiral Viaud». Zum Nachlaßverwalter wird Toulouse-Lautrecs Freund Maurice Joyant bestimmt. Dieser wird zum Wegbereiter des späteren Weltruhms des Künstlers.

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