Edvard Munch - Maler und Graphiker
1863-1944

Portrait von Edvard Munch

1863
Edvard Munch wird am 12. Dezember als Sohn des Militärarztes Christian Munch und dessen Frau Laura (geb. Bjølstad) im norwegischen Løten geboren. Seine Eltern sind kulturell gebildet, aber auch von tiefer Religiosität. Die düsteren Erzählungen des Vaters, in denen das Höllenfeuer eine wichtige Rolle spielt, werden nicht ohne Wirkung für den späteren Lebensweg des Jungen bleiben.
1868
Edvards Mutter stirbt an Tuberkulose. Er selbst war auch von schwacher Gesundheit, aber seine ältere Schwester Sophie wird das nächste Opfer der Schwindsucht sein. Bei eine jüngeren Schwester wird früh "Melancholie" diagnostiziert. Von den fünf Geschwistern heiratet nur der Bruder Andreas, um dann nur wenige Monate nach der Hochzeit zu sterben.
1881
Nach einer kurzen Zeit des Ingenieurstudiums gemäß dem Willen seines Vaters bricht Munch die technische Ausbildung ab und beginnt seine künstlerische Ausbildung an der Zeichenschule in Kristiania (heute: Oslo). Er studiert die Alten Meister, folgt eifrig dem Unterricht in Aktzeichnen an der Königlichen Zeichenschule und erhält eine Zeitlang Korrektur von dem führenden Naturalisten Norwegens, Christian Krohg. Seine frühen Arbeiten sind vom Französischen Realismus inspiriert, und schon bald fällt er als herausragendes Talent auf.
1882
Er mietet zusammen mit sechs anderen Künstlern ein Atelier, um dort seine künstlerischen Studien fortzusetzen. Die Bilder dieser Zeit sind trotz der Nähe zur Akademie an der Freilichtmalerei des Impressionismus orientiert.
Munch zeigt eines seiner Werke auf der Großen Berliner Kunstausstellung. Das Bild ruft eine große Kontroverse unter Kritikern und Künstlern hervor und führt zur Gründung der "Berliner Secession".
ab 1884
Munch schließt sich dem Kreis der "Kristiania-Bohème" an, einer Gruppe von Künstlern, Schriftstellern und Studenten, die sich gegen die bürgerliche Gesellschaft und ihre Scheinmoral auflehnt und unter anderem soziale Gleichheit und sexuelle Freiheit propagiert.
1885 - 1886
Munch ist zu einem kurzen Studienaufenthalt in Paris. Danach beginnt er die Arbeit an einem entscheidenden Werk – "Das kranke Kind". Nun bricht er radikal mit einem Realismus, wie wir ihn bei Christian Krohg in einem entsprechenden Motiv sehen. Bei Munch geht es um die Schwester Sophie. Er arbeitete lange an dem Bild – auf der Suche nach dem gültigen malerischen Ausdruck für ein schmerzliches persönliches Erlebnis. Er verzichtet auf Raum und plastische Formgebung und entwickelt statt dessen eine ikonenartige Kompositionsformel. Die grobe Stofflichkeit der Oberfläche weist alle Spuren eines mühsamen schöpferischen Prozesses auf. Das Bild wird von den Kritikern verrissen.
1888
"Wir wollen versuchen, ob es uns nicht gelingt, den Grundstein zu einer Kunst zu legen, die den Menschen etwas gibt. Einer Kunst, die einen packt, ergreift. Die Kunst, die mit dem eigenen Herzblut geschaffen wird." notiert Munch. Er fühlt, daß es ihm zu diesem Zeitpunkt bereits gelungen ist, den Grundstein für eine neue Art von Kunst zu legen. Sein Auspruch "Ich male nicht das, was ich sehe, sondern das, was ich sah" hatte zunehmend Gültigkeit bekommen durch den fortwährenden Versuch, das Innerste der Seele in Stimmungsbildern aus Form und Farbe auszudrücken.
1889
Die erste Einzelausstellung wird in einem norwegischen Studentenverein gezeigt.
Das Bild "Inger am Strand" entsteht und zeugt von Munchs Fähigkeit zur lyrischen Stimmungsschilderung im Einklang mit der neoromantischen Strömung jener Zeit. Dieses Bild malte er in Åsgårdstrand, einer kleinen Küstenstadt in der Nähe von Horten. Die für diese Gegend so charakteristische, an Windungen reiche Küstenlinie finden wir als sinntragendes Leitmotiv in vielen Kompositionen von Munch wieder.
1892
Ausstellung im "Verein Berliner Künstler". Das Publikum und einige ältere Künstler fühlen sich provoziert und inszenieren einen Skandal, die Ausstellung wird vorzeitig geschlossen. Offensichtlich hat man im Zuge der gerade herrschenden Verehrung für die skandinavische Kultur vergessen, sich die Bilder des jungen Norwegers vorher anzusehen.
1893
Munch zieht nach Berlin. Er findet Freunde in einem Kreis um die neu gegründete Zeitschrift "PAN", so unter anderem den schwedischen Dramatiker August Strindberg, den polnischen Dichter Stanislaw Przybyszewski, den dänischen Schriftsteller Holger Drachmann und den deutschen Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe.
Die Gemäldeserie "Ein Menschenleben" wird ausgestellt, die Werke wie "Der Schrei", "Vampir", "Der Sturm", "Madonna" und "Die Stimme" umfaßt. Er beginnt die Arbeit am "Lebensfries".
1895
Eine erste Mappe mit acht Lithographien wird herausgegeben.
1896
Munch übersiedelt nach Paris. Hier entstehen erste Farblithographien und Holzschnitte, die Malerei tritt in den Hintergrund.
1897
Er nimmt an der Ausstellung "Salon des Indépendants" teil.
1902
Ausstellung der 22 Gemälde des "Lebensfrieses" in der "Berliner Secession". Ein wichtiges Thema in den Werken von Munch ist die "Weltangst", welche er in den symbolisierten Darstellungen der menschlichen Grunderfahrungen Eifersucht, Einsamkeit, Liebe und Tod wiedergibt. Der künstlerische Erfolg wird von Konflikten im persönlichen Umfeld begleitet. Oft wird der Alkohol zum Problem und Munch ist immer öfter psychisch im Ungleichgewicht. Er quält sich mit Erinnerungen an eine tragische Liebesgeschichte. Diese Beziehung hatte mit einer Revolverszene geendet, bei der Munchs linke Hand angeschossen worden war. Nie sollte er die Schmach verwinden; in den folgenden Jahren aber wurde sie zur Besessenheit. Die Züge der Frau aus dieser Liebesbeziehung lassen sich unter anderem in Marats Tod aufspüren (zwei Versionen von 1907) ein Motiv, von dem sich allgemeiner sagen lässt, es schildere "den Kampf zwischen Mann und Frau, den man Liebe nennen kann".
1906/07
Munch entwirft Bühnendekorationen für Max Reinhardts "Kammerspiele" im Deutschen Theater Berlin. Es handelt sich um eine Aufführung des Stückes "Gespenster" von Henrik Ibsen. Die Gedankenwelt dieses Dichters nimmt zunehmend Raum ein in Munchs Leben. Das Selbstbildnis mit Weinglas von 1906 zeigt eine zusammengesunkene Gestalt, allein am Tisch in einem Café sitzend, umgeben von einer klaustrophobisch anmutenden Atmosphäre. Diese tragische Erscheinung läßt den Betrachter an die Figur des Oswald in Ibsens Drama denken.
1908
Als Auftragswerk führt Munch ein monumentales Phantasieporträt von Friedrich Nietzsche aus, und während mehrerer Besuche in Weimar porträtiert er auch die Schwester des verstorbenen Philosophen, Elisabeth Förster-Nietzsche. Neue Bildmotive zeigen eine zunehmend exaltierde innere Orientierung des Künstlers. "Badende Männer" huldigt auf muntere Weise vitaler Männlichkeit. Aber seine alkoholbedingten und seelischen Probleme erreichten nun einen kritischen Punkt und Munch entscheidet sich für einen achtmonatigen Aufenthalt in einer Kopenhagener Nervenklinik. In Norwegen erkennt man endlich seine künstlerische Leistung, und während er sich noch in der Klinik befindet, wird ihm der norwegische St. Olav-Orden verliehen.
1909
Die "Alpha und Omega"-Serie wird vollendet, Munch kehrt nun entgültig nach Norwegen zurück.
1912
Als einziger lebender Künstler erhält Munch neben Pablo Picasso einen Ehrensaal in der Sonderbund-Ausstellung in Köln.
1916
Munch fertigt Wandbilder für die Aula der Universität Oslo an, danach zieht er sich auf seinen Hof Ekely bei Oslo zurück. Landschaft, Menschen im Einklang mit der Natur, pflügende Pferde; dies sind jetzt die Motive, die in klaren, kräftigen Farben dargestellt werden. Eine frische, spontane Pinselführung vermittelt den Eindruck einer sinnlichen Huldigung an Sonne, Luft und Erde. Auf Ekely lebt Munch in zunehmend selbstgewählter Isolation, spartanisch, nur von seinen Bildern umgeben. Er ist ständig produktiv, trennt sich aber nur widerwillig von seinen Werken. Zu einer Reihe von Ausstellungen im In- und Ausland werden Bilder ausgeliehen. In späteren Jahren malt Munch häufig Studien und Kompositionen nach Modell. Unter ihnen gibt es einige, die lebhafter und lebensbejahender sind als die früheren Werke. Und doch widmet er sich auch jetzt noch den konfliktgeladenen Themen aus den 90er Jahren. Seine graphische Produktion ist weiterhin beachtlich, darunter befindet sich eine Reihe von lithographischen Porträts.
1930
Eine Augenkrankheit macht ihn für mehrere Jahre arbeitsunfähig.
1936
Munch hat eine erste Einzelausstellung in London.
1937
Die Nationalsozialisten diffamieren Munchs Arbeiten als "entartete Kunst" und beschlagnahmen 82 seiner Werke aus öffentlichen deutschen Sammlungen.
1942
Vier seiner Arbeiten werden auf der Ausstellung "Kunst und Unkunst" gezeigt, die von norwegischen Anhängern des Nationalsozialismus in der Nationalgalerie veranstaltet wird.
1944
Am 23. Januar stirbt Edvard Munch auf Ekely.
1963
In Oslo wird das Munch-Museum eingeweiht.

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